Ein einziges Wort schoss mir bei der Vorstellung des Prey-Systems durch den Kopf: Nemesis (System). Ganz so tiefgreifend wie Monoliths legendäres System wird Blizzards Feature wohl nicht, doch die Grundlage für spannende Geschichten ist durchaus vorhanden.
Die Erste Ankündigung des Prey-Systems: Unterwältigend
In Blizzards Ankündigung zu Midnight liest sich das neue Prey-System, zu deutsch Beutejagdsystem, etwas unspektakulär:
Mit dem Beutejagdsystem eröffnet sich euch eine neue Gameplay-Möglichkeit, mit der Spieler im Verlauf der Midnight-Erweiterung mächtige Ziele verfolgen können. Wählt zwischen drei Schwierigkeitsgraden mit einzigartigen Herausforderungen und Belohnungen aus: Normal, Schwer und Albtraum. Aber aufgepasst, denn bei der Jagd macht eure Beute auch Jagd auf euch. Treibt eure Beute in die Ecke und besiegt sie, um wertvolle Belohnungen zu erhalten und im System aufzusteigen. Das Beutejagdsystem bietet eine spannende, herausforderungsbasierte Dynamik, die Spielern die Chance gibt, sich mit mächtigen Gegnern zu messen und Verträge mit größeren Risiken anzunehmen, um größere Belohnungen zu erhalten.
Nicht einmal ein Screenshot hat Blizzard zu ihrer neuen Spielmechanik in der Mitteilung veröffentlicht und auch im Gameplay Trailer taucht das Feature nur kurz auf. Damit reiht sich das Systems in die von vielen Spielern empfundene Stimmung bei der Vorstellung des kommenden Addons ein. Nicht direkt enttäuschend, aber auch weit davon entfernt, echte Begeisterung auszulösen.
Vergleich mit dem Nemesis-System
Auf den ersten Blick könnte man meinen, Blizzard präsentiere mit dem Prey-System seinen Gegenentwurf zum Nemesis-System von Monolith. Gegenentwurf, schließlich hat sich Monolith das System patentieren lassen, weshalb Spieler:innen bisher nur in Mittelerde: Mordors Schatten und dessen Nachfolger in den Genuss dieses Systems kamen.
Was das Nemesis-System konnte, war Geschichten zu schreiben, die Spieler:innen in Erinnerung blieben. Ein Ork-Anführer, der einen mit Glück besiegt, dadurch in den eigenen Reihen aufsteigt und mächtiger wird, den man dann quer durch Mordor jagt, immer wieder aufspürt, verletzt, erneut jagt, bis man ihn schließlich zur Strecke bringt. Fast jede Spieler:in erinnert sich an solche Momente.
Weitere Infos vom gamescom-Panel
Ein paar Einblicke in das Prey-System gab es schließlich doch noch: Auf einem gamescom-Panel sprachen Senior Game Director Ion Hazzikostas und Associate Game Director Paul Kubit ab Minute 9:30 über das neue System:
Diablo statt Nemesis?
Zumindest mit diesen Informationen bin ich mir ziemlich sicher, das kommende Prey-System wird nicht die Tiefe des Nemesis-Systems erreichen. Aber es könnte dennoch ein gutes System werden, denn um Erinnerungen und Spielerlebnisse zu erschaffen, braucht es nicht immer enorme Spieltiefe, insbesondere in einem MMORPG wo Features wie dieses optional sind.

Anstatt den Vergleich mit dem Nemesis-System zu ziehen halte ich ähnlich wie im kommenden Heroic World Tier System von Legion: Remix den Blickwinkel auf Diablo für treffender, denn das Prey-System erinnert mich eher an den Butcher in Diablo 4. Dieser kann zufällig in Dungeons auftauchen und einem in den Rücken fallen. Ein knappes Entkommen oder intensive Kämpfe haben schon seit der Beta von Diablo 4 zahlreiche Erfahrungsberichte von Spieler:innen geschmückt. Genau in diese Kerbe könnte auch das Prey-System von WoW Midnight schlagen, wenn die Kämpfe denn ähnlich wie beim Butcher herausfordernd sind und nicht zu einer Loot-Piñata verkommen, die auch noch selbst zur Schlachtbank läuft.
Ich freue mich auf das neue Feature. Nicht, weil es ein zweites Nemesis-System wird, sondern weil es das Potenzial hat, eigene Geschichten und Erinnerungen zu schaffen: knappe Kämpfe, Überraschungen und Jagden, die sich gerne auch über mehrere Begegnungen hinweg ziehen dürfen. Genau so was könnte Midnight und die Open-World bereichern.
Quellen:
- World of Warcraft: Midnight enthüllt!
- Google Patents: Nemesis characters, nemesis forts, social vendettas and followers in computer games